zizek29_Sebastian Gollnowpicture alliance via Getty Images_palestine congress germany Sebastian Gollnowpicture alliance via Getty Images

Palästina streichen

LJUBLJANA ‑ Es ist erst April, aber wir haben schon einen guten Kandidaten für das Foto des Jahres. Am 12. April löste die deutsche Polizei einen Palästina-Kongress auf, der in Berlin stattfinden sollte, und unter den Festgenommenen war auch Udi Raz, ein gläubiger Jude mit roter Kippa. Auf den Fotos und Videos des Vorfalls ist deutlich die grinsende Aggression in den Gesichtern der Polizisten zu erkennen, als sie ‑ wie ihre Vorfahren in den 1930er-Jahren ‑ einen Juden wegschleppen.

Unter denjenigen, die sich im Kampf gegen den Antisemitismus in Deutschland engagieren, sind viele Juden. Der Palästina-Kongress selbst war eine gemeinsame Initiative der in Berlin ansässigen Organisation Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost und der paneuropäischen politischen Bewegung und Partei DiEM25, deren führende Persönlichkeit Yanis Varoufakis ist. Das deutsche Innenministerium untersagte Varoufakis jedoch nicht nur die Einreise nach Deutschland, sondern auch die Teilnahme an politischen Aktivitäten im Internet.

Varoufakis hat völlig Recht, wenn er sagt, dass die deutsche Regierung mit diesem Verbot die Grenze zu autoritärem Verhalten überschritten hat. Schlimmer noch, das politische Establishment in Deutschland, einschließlich der Grünen und der Partei Die Linke, hat diesen Schritt unterstützt, was das Ausmaß der neuen antisemitischen Verbotskultur widerspiegelt. Natürlich gibt es ähnliche Vorfälle in den Vereinigten Staaten, wo zum Beispiel das Hobart and William Smith College kürzlich die politische Theoretikerin Jodi Dean beurlaubte, nachdem sie einen Aufsatz veröffentlicht hatte, in dem sie ein emanzipatorisches Potenzial im Hamas-Anschlag vom 7. Oktober erkannte. Deutschland ist jedoch ein extremes Beispiel dafür, wie sich das Establishment die Cancel-Culture angeeignet hat.

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